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1. Die Bedeutung von Zoos in meiner Kindheit
In meinem Kinderzimmer klebten an der Wand über meinem Bett sieben ca. 1 Meter lange Poster, die den Einmarsch der Tiere in die Arche Noah darstellten. Als kleiner Knirps konnte ich jede Tierart benennen und habe damit manche Erwachsene beeindruckt, die bei uns zu Besuch waren. Dank diesen Postern bildete sich bei mir ein Grundverständnis für die zoologische Systematik, das bis zum heutigen Tage anhält. Nun, bei Bildern allein blieb es nicht: Mit Hilfe meines Vaters richtete ich mir ein Aquarium ein, als ich etwa sieben Jahre alt war und mit neun Jahren kamen zwei weisse Kanarienvogelweibchen dazu, welche bei unseren Nachbarn im Vogelkäfig in der Appartementwohnung ausgebrütet und aufgezogen worden waren. Zu ihnen gesellte sich bald ein schöner, wunderbar singender gelber Hahn, ein Geschenk meiner Mutter, und mein kleiner Privatzoo wurde nach kurzer Zeit ergänzt durch einen Syrischen Goldhamster, damals noch ein recht ungewöhnliches Haustier. Zeitweise hielt ich auch Schnecken und Maikäfer.
„Zoo“ war für mich ein magisches Wort und der Zoo selbst ein faszinierender Ort. Man bedenke: Es gab kein Fernsehen und die Vorstellung, eine Safari nach Afrika zu unternehmen entsprach etwa der heutigen Vorstellung einer Reise auf den Mond. So gehörte es zur Tradition, dass meine Patin, welche in Basel wohnte, uns an jedem meiner Geburtstage in den Zoo Basel einlud, was ein stets mit Spannung erwarteter Fixpunkt in meinem Jahresablauf darstellte. Der damalige Direktor des Basler Zoos, Prof. Heini Hediger, hielt regelmässig Vorträge im Radio, denen ich gebannt folgte und deren Inhalte ich aufsog, wie ein Schwamm. Statt „Pippi Langstrumpf“ las ich „Exotische Freunde im Zoo“ (erschienen 1949) von H. Hediger, „Neue exotische Freunde im Zoo“ (erschienen 1953) vom selben Autor und „Jagdzoologie auch für Nichtjäger“ (erschienen 1951). Als der Klassenlehrer uns in der dritten Klasse fragte, was wir einmal werden möchten, schoss es aus mir, wie aus der Pistole: „Zoodirektor“ !
Mit 13 Jahren erhielt ich zu Weihnachten das Buch „Skizzen zu einer Tierpsychologie im Zoo und im Zirkus“ (erschienen 1954) von H. Hediger und ich glaube ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass der Inhalt dieses Buches mein Denken und Handeln wesentlich beeinflusst hat und immer noch beeinflusst, zusammen mit den anderen Büchern Hedigers, „Tiere in Gefangenschaft“ (1942), „Mensch und Tier im Zoo (1965) und „Tiere verstehen“ (1980). In diesen Büchern legte Prof. Hediger die Prinzipien und Inhalte seiner Tiergartenbiologie dar, die auch heute noch durchaus Geltung haben. Leider gehören diese Bücher wie auch andere zum Thema der Tiergartenbiologie weder zum Pflichtstoff der Veterinärstudenten noch der Studenten der Zoologie in der heutigen Zeit und so kommt es, dass sich in zunehmendem Masse „Experten“ und „Fachleute“ zur Haltung von Wildtieren in Zoos äussern, deren theoretisches Rüstzeug ungenügend ist. Von all den selbsternannten „Tierschützern“ oder sogar „Tierrechtlern“, welche sich ebenfalls zum Thema äussern, ganz zu schweigen.
Im Jahre 1955 schickte mir eine Bekannte meiner Eltern, eine Radio-Mitarbeiterin, eine Postkarte aus dem Zoo Zürich, „mit freundlichen Grüssen“. Vorne war ein Bild von „Miggel“, dem ersten in der Schweiz geborenen Schimpansen und seiner Mutter „Mary“ und hinten schrieb mir Prof. Hediger, der damals Direktor des Zoo Zürich war: „Dem künftigen Kollegen die besten Grüsse und Wünsche.“ Fürwahr, mein Weg war vorgezeichnet.
2. Die Bedeutung von Zoos in meiner Zeit als Mittelschüler
Bei unseren Besuchen im Zoo Basel war mir aufgefallen, dass die Tierpfleger oft von Jugendlichen begleitet waren, welche ihnen zur Hand gehen und bei der Tierpflege mithelfen durften. Es handelte sich um unbezahlte Volontäre, die so in ihren Schulferien einige Tage oder wenige Wochen Einblick in den Tätigkeitsbereich eines Tierpflegers erhielten. So etwas wollte ich auch machen. Mein Vater erkundigte sich bei der damaligen „Verwalterin“ (dies war ihre Berufsbezeichnung) des Tierparks Dählhölzli in Bern, Frau Prof. Meyer-Holzapfel nach einer entsprechenden Möglichkeit. Sie lehnte jedoch rundweg ab und sagte, so etwas gebe es in Bern nicht. Allerdings hatte sie nicht mit der Hartnäckigkeit meines Vaters gerechnet, der ihr offenbar nachdrücklich schilderte, dass es sich bei mir um einen zukünftigen Berufskollegen von ihr handle. Wie dem auch sei, ich wurde an einem Sonntag zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Frau Prof.Meyer und ich machten einen kleinen Tierparkrundgang der Aare entlang zum Fuchsgehege, wo ich ihr helfen musste, einen Fuchs einzufangen und diesen dann zu halten hatte, während sie ihm eine kleine Wunde verarztete. Sie beobachtete auch ganz genau, ob ich beim Verlassen des Geheges die Türe gut verriegelte und – was ihr besonders wichtig war – zuletzt noch an der Türe rüttelte, zur Kontrolle, ob das Gehege wirklich abgeschlossen sei. Ich muss Frau Prof. Meyer überzeugt haben, denn ich erhielt den Job. Nur eines machte sie mir von Anfang an klar: Es gab dafür keinen Lohn. So meldete ich mich denn wenige Tage später frühmorgens bei „meinem“ Tierpfleger, Herrn Rupp und begleitete ihn den ganzen Tag auf der Tour durch sein Revier. Am nächsten, dem zweiten Tag erteilte mir Herr Rupp noch knappe Instruktionen, was zu tun sei und am dritten Tag arbeitete ich fast schon allein, abgesehen von einigen Kontrollbesuchen meines Tierpflegers. Am vierten Tag wartete ich frühmorgens vergeblich auf Herrn Rupp und beschloss dann selbständig mit der Arbeit anzufangen. Etwa drei Stunden später tauchte eine aufgelöste Tierparkverwalterin im Vivarium auf und fragte mich, was ich da tue. „Nun“, sagte ich, „da Herr Rupp nicht gekommen ist, dachte ich, ich fange mal an.“ Mit grösster Verwunderung stellte Frau Prof. Meyer fest, dass ich mit der Morgenarbeit schon weit fortgerückt war, dass alle Tiere sich noch in ihren Gehegen befanden und, dass es dort wo gereinigt werden musste, sauber war und dort, wo Futter gereicht werden musste, das richtige Futter in richtiger Aufmachung vorhanden war. Sie liess mich in ihr Büro kommen, berichtete mir, dass Herr Rupp krank geworden sei, dass ich aber – wenn ich wolle - ihn vertreten dürfe und, ja, dass dies sogar korrekt entlöhnt werden würde. So wurde ich - zum damals üblichen Lohn von 2.- pro Stunde - Ablösetierpfleger im Tierpark Dählhölzli und habe einige Jahre lang Ferienablösungen und Sonntagsablösungen gemacht. Zu meinem Revier gehörten u.a. die Kapuzineraffen und – kurze Zeit – die Wollaffen, die Fasanerie, Pelikane, Schildkröten, Greifvögel, Wildkatzen und Luchse und die Futtertiere (Ratten und Mäuse), die ja auch alle gepflegt werden wollten.
Damals schrieb jeder Gymnasiast in der Prima in einem von ihm gewählten Fach eine sogenannte „Primaarbeit“. Meine Arbeit im Fach Naturkunde trug den Titel „Tierpsychologische Beobachtungen im Vogelkäfig“, In dieser Arbeit versuchte ich zu zeigen, dass die tiergartenbiologischen Konzepte Hedigers durchaus auch bei der Privathaltung von Stubenvögeln Geltung haben. Meine „Studienobjekte“ waren, neben den bereits erwähnten Kanarienvögeln, auch ein Distelfink, einige Prachtfinken(Kleinelsterchen, Orangenbäckchen, Schmetterlingsfinken, Reisfinken und Zebrafinken) sowie Wellensittiche und Nymphensittiche. Sie lebten alle in einer grossen Voliere, die ich selbst gebaut hatte, auf unserem Balkon. Diese Voliere stand auf kleinen Rädern. Im Oktober, wenn die Nächte kalt wurden, rollte ich sie durch unsere Wohnung ins Treppenhaus und fuhr mit dem Lift fünf Stockwerke hinauf in meine Mansarde, wo meine Vögel und all mein anderes Kleingetier den Winter zusammen mit mir verbrachten und jeweils auf wärmere Zeiten warteten.
3. Die Bedeutung von Zoos in meiner Studienzeit
Ein Zoodirektor, so war ich überzeugt, muss Zoologie studiert haben und so war auch mein Studium vorgezeichnet. Da sowohl Professor Hediger wie auch die Professorin Meyer-Holzapfel sich als „Tierpsychologen“ bezeichneten und auf dem Gebiet tierlichen Verhaltens forschten und publizierten, war mir von Anfang an klar, dass ich mich später ebenfalls auf das Gebiet der Verhaltensforschung (Ethologie) konzentrieren wollte. Ich wollte in der Tat die Tiere verstehen.
Was die unterschiedlichen Begriffsbezeichnungen anbelangt, so wurde der ursprüngliche Begriff und die entsprechende Forschungsrichtung "Tierpsychologie" allmählich ersetzt durch die streng naturwissenschaftlich ausgerichtete Forschungsrichtung "Ethologie" (1985 wurde die „Zeitschrift für Tierpsychologie“ umbenannt in „Ethology“). Heute spricht man eher von der „Verhaltensbiologie“.
Zu Beginn meines Studiums hatte ich das Vergnügen, sogar noch einige Vorlesungen meiner „Chefin“ im Tierpark, Frau Prof. Meyer, besuchen zu dürfen. Nach Ihrer Pensionierung wurde Prof. Beat Tschanz Inhaber des Lehrstuhls für Ethologie an der Universität Bern. Er hatte sich bis dahin vor allem einen Namen mit der Erforschung von evolutiven Verhaltensanpassungen von Alkenvögeln (Trottellummen, Tordalken) gemacht. Im Rahmen unserer vierwöchigen Lofotenreise 1959, in der Prima des Gymnasiums, hatte ich Prof. Tschanz auf den Lofoten, wo er seine Untersuchungen durchführte, besucht und einen eindrücklichen Einblick in seine Arbeit erhalten.
Sobald sich mir die Möglichkeit bot, bewarb ich mich als Praktikumsassistent für jüngere Studiensemester. Damit verbunden war, vor allem in den Amphibien-und Reptilienpraktika, die Beschaffung lebender Demonstrationsobjekte. Dabei muss man wissen, dass damals weder die Amphibien noch die Reptilien in der Schweiz geschützt waren. Es war folglich durchaus erlaubt und wurde auch erwartet, diese Demonstrationsobjekte in der Umgebung Berns für unsere Zwecke zu fangen. Dazu benötigten wir kaum einen Tag, so häufig gab es insbesondere die verschiedenen Amphibien noch in der Umgebung von Bern. Was die Reptilien anbelangt so half uns in der Regel mein Studienkollege Jürg Kretz, ein leidenschaftlicher „Schlängeler“, dem es fast immer gelang eine fast vollständige Kollektion einheimischer Schlangen und Eidechsen für das Praktikum zusammenzustellen. Nach den Praktika brachten wir jeweils die Tiere wieder an den Fundort zurück. Einzelne – ich muss es gestehen - jedoch erst nach einem Umweg über meine Mansarde, wo ich sie manchmal einige Wochen hielt und beobachtete. So erweiterte sich mein „Zoo“ zusätzlich zu den Vögeln, Fischen und dem Hamster zeitweise um Kamm-, Berg- und Fadenmolche, Feuersalamander, Zauneidechsen, und Laubfrösche aber auch Flusskrebse, Gelbrandkäfer, Stabheuschrecken und anderes Getier. In der Tat nahm ich das Buch „Haltung von Tieren“ von Carl Stemmler vermutlich ebenso häufig zur Hand, wie meine Biologie-Lehrbücher. Was die Schlangen anbelangt, so hatten sie es mir – der Einfluss von Jürg Kretz ist erkennbar – so angetan, dass ich mir selbst ein mit allen Schikanen versehenes Terrarium für Wassernattern baute und dort mehrere Jahre lang eine Viper-, eine Würfel- und eine Ringelnatter hielt.
Diese Wassernattern und manche andere Tiere gab es damals in diversen Tierhandlungen zu kaufen. Eine der bekanntesten befand sich in Basel (der Besitzer hatte den bezeichnenden Namen Stubenvoll) und ich erinnere mich noch gut an den entsetzen Blick meines Gegenübers, als sich das kleine Leinensäcklein, das ich sorgfältig auf die Ablagefläche im Zugsabteil abgelegt hatte, plötzlich zu bewegen begann, weil die Ringelnatter darin einen Ausweg suchte. Das Ende meines Privatzoos kam mit meinem Studienjahr in den USA. Ich suchte für alle jene Tiere, welche ich nicht irgendwo wieder in den natürlichen Lebensraum verbringen konnte, Unterbringungsmöglichkeiten bei geeigneten Kollegen und Bekannten.
4. Der Einfluss meines Studienjahres in den USA
Wer das Kapitel „Kynologie“ schon gelesen hat, weiss, dass ich in den USA die Schlittenhunderassen und den Schlittenhundesport entdeckte, was, mein weiteres Leben tiefgreifend beeinflusste.
Aber es geschah noch anderes: Ich wurde mit dem Studiengebiet der Ökologie vertraut und zwar bevor man am Zoologischen Institut der Universität Bern sich damit befasste. In diesen Zusammenhang begann ich eine Arbeit zum Thema der „Bärenbäume“, die ich mit Untersuchungen im Grand Teton Nationalpark ergänzte. Bei diesen „Bärenbäumen“ handelt es sich um Bäume in deren Rinde Bären mit ihren Krallen Kratzmarken setzen. Die landläufige Meinung – begründet vom grossen amerikanischen Naturforscher Ernest Thompson-Seton – war, dass es sich dabei um Territoriumsmarken handle: Die Höhe in welcher die Marke angebracht wird, sollte einem Eindringling die Information über die Grösse des Territoriumsbesitzers vermitteln und ihm so ermöglichen, sein Risiko eines Eindringens in das Territorium abzuschätzen. Mir war unerklärlich, wieso ein so renommierter Mann, wie Thompson-Seton hatte übersehen können, dass Bären auch klettern und solche Marken gegebenenfalls in schwindelerregenden Höhen anbringen können. Ich konnte dann zeigen, dass solche Bärenbäume revierfremde Bären überhaupt nicht abschrecken, sondern eher die Regel galt: Je mehr Bären, desto mehr Bärenbäume. Es schien also so, als dienten diese Marken – wenn überhaupt – als optische und geruchliche Information darüber, welche Bären sich im Gebiet aufhalten, etwa so wie Harn- und Scharrmarken von Hunden. Wie letztere scheinen Bären ihre Bäume ebenfalls vor allem nach aufregenden Situationen zu bearbeiten (z.B. nach Auseinandersetzungen), so als diene dieses Verhalten dazu, sich wiederum „abzuregen“ (ev. sogenannte "displacement activities", also "Übersprungsverhalten").
Ich sah diese Untersuchung über die Bärenbäume durchaus als eine Fortsetzung einer kleinen Seminararbeit, die ich zusammen mit meinem Studienkollegen Alexander Wandeler im Bärengraben Bern durchgeführt hatte, noch bevor ich in die USA aufbrach. Uns interessierte, wie Bären ihren Graben strukturieren (optisch, geruchlich), insbesondere, ob sie auch ein nur für sie feststellbares Wechselsystem benutzen und ob dieses Wechselsystem – sofern es existiert – für alle Bären gleich ist. Wir stellten fest, dass jeder Bär sein eigenes Wechselsystem hatte, also im Graben die eigenen „Wege“ benutzte und nicht die der anderen. Der Anlass für diese Seminararbeit war eine umfassendere Untersuchung zum Kommunikationssystem von Braunbären, welche Prof. Tschanz im Bärengraben Bern durchführte. Unter anderem zeigte es sich dort, dass der Graben, der für uns Menschen eher reizarm wirkte, für die Bären viel komplexer strukturiert war, denn im Gegensatz zu uns nahmen die Bären ihre Umgebung nicht nur sehr fein differenziert optisch, sondern vor allem auch geruchlich wahr. Der Graben, wo sich ja einzelne Bärenpaare abwechselnd aufhielten, war also voll von immer wieder neuen und anderen Geruchsspuren, die es zu erkunden galt. Diese Möglichkeit fehlt vermutlich im neuen sogenannten „Bärenpark“ und macht so das Gehege diesbezüglich reizärmer.
In den USA lernte ich aber auch eine neue Facette der Verhaltensfor-schung kennen, nämlich eine naturwissenschaftlich orientierte Psychologie ("comparative psychology") und die Lernpsychologie, einschliesslich des sogenannten "Behaviourismus" (s. dazu auch das entsprechende Arbeitsblatt). Was ich bereits in Bezug auf die Ökologie gesagt habe trifft auch hier zu: Auch mit diesen Wissenschaftszweigen war ich während meines Studiums in Europa nicht konfrontiert worden. Erst nach meiner Rückkehr aus den USA, als die Professoren von Cranach und Foppa am Psychologischen Institut der Universität Bern angestellt wurden, fanden diese – und andere – Themen der Psychologie auch in Bern Eingang in unser Studium und in unsere wissenschaftliche Arbeit. Mehr jedoch darüber im Kapitel „Zirkus“.
Auch in den USA besuchte ich wann immer möglich, Zoos, Aquarien und Delphinarien. So beispielsweise in San Diego, San Francisco, Los Angeles, Chicago, New York oder St. Louis. Dabei sah ich damals Dinge, die heute schon fast zoohistorisch sind, wie Vorführungen bekleideter dressierter Schimpansen (St. Louis) oder Elefanten und Löwen (St. Louis, San Diego) und in San Francisco einen einsamen Delphin in einem grossen Aquarium. Im Zoo von Colorado Springs verwandelte ich mit einer Studienkollegin das Giraffeninnengehege in eine gigantische Skinner Box. Dort brachten wir dem Giraffen bei, mit seiner Schnauze eine Metallplatte zu drücken, worauf er über einen von uns konstruierten Apparat ein Futterpellet erhielt . Über dieses „operant conditioning of a giraffe“ haben wir sogar in einer Fachzeitschrift publiziert. Auch darüber mehr im Kapitel "Zirkus".
Unser operant conditioning Versuch mit dem 31- jährigen Giraffen "Socrates" im Cheyenne Mountain Zoo von Colorado Springs machte sogar Schlagzeilen in der Lokalpresse, dem "Colorado Springs Gazette Telegraph" ("Colorado Springs Students Teach Giraffe to Count in Project Here") und in der Denver Post ("Socrates Counts to Four - Giraffe Learning New Tricks From Colorado College Psychology Class")
Nach meiner Rückkehr in die Schweiz galt allerdings mein ganzes Interesse der Verhaltensentwicklung allgemein, besonders aber der Verhaltensentwicklung bei Hundewelpen und generell der ethologischen Forschung an Hunden und ihren wilden Verwandten (s. Kapitel „Kynologie“). Damit verbunden, vertiefte ich mich zunehmend in die Thematik der Mensch-Heimtier-Beziehung, ja der Mensch-Tier Beziehung generell. In diesem Zusammenhang beobachtete ich auch intensiv die Ausbildung von Tieren im Zirkus Knie, fand mich also wieder in Hedigers Fussstapfen. Zoos betrachtete ich allmählich als einen von vielen Aspekten in dieser so reichhaltigen Thematik der Tier-Mensch Beziehung und meine Fixierung – wenn ich das hier so nennen darf – auf den Zoo als einziger Begegnungsort zwischen dem urbanen Stadtmenschen und exotischen Tieren schwächte sich – nicht zuletzt auch aufgrund eigener Erlebnisse (Reisen in Nationalparks, Feldstudien) etwas ab.
5. Zoos und meine Tätigkeit am BLV
Mein Pflichtenheft als „Chef Artenschutz“ am BLV beinhaltete auch die Betreuung des Themas „Wildtiere“ der schweizerischen Tierschutzgesetzgebung. Ich nehme an, dass mein Interesse für Zoos und Zirkusse und auch meine ehemalige Tätigkeit als Tierpfleger deshalb Pluspunkte für meine Stellenbewerbung dargestellt hatten. Kam dazu, dass mein direkter Vorgesetzter, Dr. Peter Dollinger, ein Hediger-Schüler war (er hatte bei ihm eine Doktorarbeit zum Thema „Tod durch Verhalten“ [im Zoo] verfasst).
So kam es denn, dass ich mich am BVET einerseits mit Themen des internationalen Artenschutzes beschäftigte, andererseits aber auch mit dem Vollzug der gesetzlichen Vorschriften zur gewerbsmässigen aber auch privaten Haltung von Wildtieren. Dies spiegelte sich u.a. auch darin wieder, dass ich zwei wissenschaftliche Arbeiten betreuen durfte, die genau diese zwei Aspekte zum Thema hatten: „Beitrag der wissenschaftlich geleiteten Schweizer Zoos zur Arterhaltung“ von Reto Sommer (2005) und „Aspects de la protection animale et de la conservation des espèces européennes menacées dans les jardins zoologioques Suisses“, Dissertation von S. Peppler Surer (1992). Bei meiner Tätigkeit lernte ich bald, dass das Spektrum der Wildtierhalter in unserem Land erstaunlich mannigfaltig ist. Da gibt es Leute, welche Wildtiere zur Fleischgewinnung halten (Strausse, Bisons, Wildschweine, Hirsche), andere zur Zucht (Papageien, Enten, Gänse, Schildkröten, Pfeilgiftfrösche, Vogelspinnen), wiederum andere aus rein privatem Interesse als Heimtiere (Schlangen, Leguane, Schildkröten, exotische Vögel, Greifvögel, Krallenaffen, Nagetiere); dann gibt es viele kleinere oder grössere Zoos, nicht zu vergessen die – wenigen - Zirkusse mit Wildtieren, die Pflegestationen, temporären Ausstellungen und auch die Zoofachhandlungen. Viele Male bin ich von den zuständigen kantonalen Veterinärämtern eingeladen worden, als Experte und Begleitperson an Kontrollen von Wildtierhaltungen teilzunehmen. Ich besuchte Tagungen zu diversen Zoothemen und sah vor und hinter die Kulissen mancher Zoos im In- und Ausland. Ich hielt Referate zur Haltung von Wildtieren an der Universität Bern, aber auch an Ausbildungskursen für die kantonalen Vollzugsbehörden und Tierpfleger. Im Rahmen der Ausbildung der Pfleger von Wildtieren nahm ich auch Examen zur Erwerbung des Tierpflegerausweises ab. Nicht zuletzt koordinierte ich die Revision des Kapitels 4, einschliesslich des Anhangs 2 der Tierschutzverordnung ("Mindestanforderungen für die Haltung von Wildtieren") im Jahre 2001 und beteiligte mich auch an der folgenden Revision im Jahre 2008. Darüber jedoch mehr im Kapitel „Tierschutz“.
Interessanterweise gelangte im Jahre 1990 der damalige Direktor des Tierparks Dählhölzli, Prof. Hannes Sägesser an mich und fragte, ob ich nicht als sein Assistent in der Leitung des Tierparks einsteigen möchte. Nun stand ich also an der Schwelle meines Bubentraums. Nach reiflicher Überlegung (auch die international ausgerichtete Tätigkeit des Leiters der Sektion Artenschutz am BVET hatte es mir nämlich inzwischen angetan…) reichte ich meine Bewerbung bei der zuständigen Baudirektion der Stadt Bern ein, musste jedoch letztlich einem Mitbewerber den Vortritt lassen. Als ich Prof. Hediger, zu dem ich später freundschaftliche persönliche Kontakte pflegte, davon erzählte, sagte er mir, es sei schade habe er nicht davon gewusst. Er hätte sich nämlich für mich stark gemacht. Und die damaligen Zuständigen der städtischen Baudirektion bedachte er mit Kraftausdrücken, welche ich hier mit Vorteil nicht wortwörtlich zitiere.
Ja, seine letzten Lebensjahre verbrachte Prof. Hediger im Altersheim in Zollikofen. In dieser Zeit knüpften wir enge Kontakte, nicht nur, weil Zollikofen nahe von meinem damaligen Wohnort lag, sondern auch, weil uns besonders unser gemeinsames spezielles Interesse für die Ausbildung von Tieren im Zirkus verband. Prof. Hediger gestand mir einmal, dass er sich im Altersheim oft reichlich langweile und so trafen wir uns denn einige Male zum Mittagessen im Restaurant Reichenbach, einer bekannten „Fischbeiz“, wo wir uns gedanklich austauschten, fachsimpelten und über Gott und die Welt diskutierten. Im Jahre 1991, wenige Monate vor seinem Tode schrieb mir Prof Hediger folgende Zeilen als Widmung in sein Buch „Ein Leben mit Tieren“ (erschienen 1990): „Herrn Kollegen Althaus, mit dem mich viele gemeinsame Ideen verbinden, mit den besten Wünschen für die so notwendige Arbeit zugunsten des Tieres – und damit auch des Menschen“. Ich fühlte mich, als hätte sich ein Kreis geschlossen.
6. Arbeit für den Welt Zoo-Verband (World Zoo and Aquarium Association, WAZA)
Noch einmal jedoch tauchte ich in meiner beruflichen Spätzeit in die Welt der Zoos und Aquarien ein: Mein ehemaliger Vorgesetzter im BLV, Dr. Peter Dollinger war nämlich inzwischen zum Executive Director der World Zoo and Aquarium Association (WAZA) gewählt worden. Das Sekretariat dieses Welt-Zoo-Verbandes befand sich in Bern und Peter Dollinger stellte mich 2006 als Teilzeitmitarbeiter an. Mein Pflichtenheft als „Conservation Officer“ umfasste z. B. die Entwicklung von Richtlinien für die Erhaltungszucht in Zoos („Conservation Breeding Guidelines“), die Erstellung einer Liste der weltweit existierenden Erhaltungszuchtprogramme („Global List of Conservation Breeding Programmes“), die Mitarbeit an Richtlinien zur Verbesserung von mangelhaften Zoos ("Guidelines for the Improvement of Substandard Zoos"), die Mitarbeit an der Ausarbeitung einer Checkliste zur Verbesserung vieler relevanter Faktoren in mangelhaften Zoos („Zoo Assessment Tool Model“), die Mitarbeit am virtuellen Zoo auf der WAZA Webseite und die Teilnahme als Vertreter der WAZA an internationalen Tagungen und Kongressen.
Allmählich konzentrierte sich allerdings meine Tätigkeit auf die Funktion des WAZA Koordinators der Internationalen Zuchtbücher für rund 190 seltene Wildtierarten. Diese Zuchtbücher sind dazu da, um die Population aller in den Zoos weltweit gehaltenen Tiere derselben Art zu erfassen. Damit stellen sie die Grundlage für ein Zuchtmanagement dieser „ex situ“ Populationen dar, mit dem Ziel die Zoobestände der betreffenden Arten gesund und vital zu erhalten und einer Verarmung des Genpools vorzubeugen. Sie sind folglich vergleichbar mit Zucht- oder Stammbüchern für Rinder, Hunde oder Pferde, nur handelt es sich dabei um solche für Gorillas, Eisbären, Oryx-Antilopen, Waldrappen, etc. und der Bestand wird darin weltweit erfasst.
Als Mitarbeiter des WAZA Sekretariates nahm ich auch teil an den WAZA Jahrestagungen, wo ich in Kontakt mit vielen Direktoren von Zoos auf der ganzen Welt kam, was mir die einmalige Gelegenheit bot, Ihre Ansichten über die Rolle, Perspektiven und Aufgaben der Zoos in unserer heutigen Welt kennen zu lernen und zu diskutieren.
Leider beschloss der Nachfolger von Peter Dollinger, Gerald Dick, das Sekretariat der WAZA von Bern nach Gland (VD) zu verlegen. Es machte für mich wenig Sinn, für meine kleine Teilzeitstelle zwei Mal die Woche einen mehrstündigen Arbeitsweg von meinem Wohnort nach Gland (und zurück) zu unternehmen und so endete mein Arbeitsverhältnis bei der WAZA am 31. März 2010. Übrigens: Peter Dollinger ist heute als Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Zoodirektoren immer noch beruflich in der Zoowelt aktiv.
7. Ein paar Gedanken zum Thema „Zoo“
Seit meiner Kindheit haben sich die grundlegenden Ziele einer verantwortungsbewussten Haltung von Wildtieren in Zoos kaum verändert. Nach wie vor gelten für Zoos die vier Schwerpunkte Erholung, Bildung, Naturschutz und Forschung. Im Laufe der Zeit haben sich jedoch nicht nur die Prioritäten dieser vier Aspekte etwas verschoben, sondern auch die Haltungsbedingungen von Wildtieren in Zoos haben aus diversen Gründen grundsätzlich eine enorme Entwicklung durchlaufen. Zu diesen Gründen gehören neue Erkenntnisse über die Ansprüche und Bedürfnisse vieler Wildtiere, neues Wissen über ihre Lebensweise und ihr Verhalten, Erweiterung des Wissens der Veterinärmedizin, neue technische Möglichkeiten und neue Erfahrungen für die Gehegegestaltung, neue Philosophien zur Haltung und Präsentation von Tieren in Zoos, neue gesetzliche Vorschriften zur Haltung von Wildtieren und vieles mehr.
In relativ kurzer Zeit haben sich, Zoos gewandelt: Von der „Menagerie“, also der Präsentation möglichst vieler Arten, in teilweise räumlich bedenklich engen „Käfigen“ noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts, über den „zoologischen Garten“ mit seinen naturnahen Gehegen bis zu „Naturschutzzentren“, welche Natur- und Umweltschutzaspekte in ihre Konzepte integrieren und ökologische Zusammenhänge sichtbar machen.
Die nachfolgende Galerie zeigt , dass eine "suboptimale Haltung" von Tieren im Zoo nicht nur in den "Menagerien" früherer Zeiten gang und gäbe war, sondern sich dem aufmerksamen Zoo-Besucher hie und da auch heute noch offenbart (und das nicht nur in "suboptimalen Zoos", sondern auch in Unternehmen mit eigentlich gutem Renommee).
(Die Galerie befindet sich noch im Aufbau)
Die nachfolgende Galerie zeigt Beispiele einer modernen Zootierhaltung, wo die Tiere in ihrer Art entsprechenden Gruppen oder gar in Lebensgemeinschaften mit anderen Arten in einer Umgebung leben, die dem Lebensraum ihres Ursprungsgebietes entspricht und damit ökologische Zusammenhänge sichtbar macht (s. auch ZooLex).
(Die Galerie befindet sich noch im Aufbau)
Es ist klar, dass eine solche enorme Entwicklung nicht von heute auf morgen passiert, sondern eine Sache von Jahren und Jahrzehnten ist und von verschiedenen Faktoren abhängt, nicht zuletzt von den verfügbaren Finanzen. Aber der Weg ist für alle seriösen Zoos der Welt vorgezeichnet und von allen anerkannt (s."Welt-Zoo- und Aquarium Naturschutzstrategie"). Zoos befinden sich damit eigentlich in einem fortwährenden Wandel. Wenn bestimmte Personen oder Kreise sich nun bemüssigt fühlen, immer wieder einzelne isolierte „Missstände“ – häufig auch vermeintliche – anzuklagen ist dies – zumindest – einmal unfair. Bevor irgend jemand dies tut, sollte er sich grundlegend und seriös informieren. Dazu gehört auch in jedem Falle das ehrliche und offene Gespräch mit den Zooverantwortlichen. Es könnte nämlich sein, dass diese „Missstände“ bei näherer Betrachtung gar keine sind oder aber, dass es sich um temporäre Problemsituationen handelt, welche den Verantwortlichen durchaus bekannt sind und in absehbarer Zeit behoben werden (s. dazu auch "Zoos zwischen den Fronten").
Was allerdings die von gewissen Kreisen immer wieder geäusserte Kritik anbelangt, die Zootiere generell als „Gefangene“ bezeichnen und sie „befreien“ möchten, so basiert diese Ansicht auf völlig falschen Annahmen: Für Zootiere ist ihr Gehege, sofern es tiergerecht gestaltet ist, nicht ein Gefängnis, sondern ihr Heim, aus dem sie nicht ausbrechen wollen, sondern wo sie sich als Grundbesitzer betrachten (sie markieren und verteidigen diesen „Grundbesitz“ gegen Eindringlinge), wo sie sich sicher und geschützt fühlen, entspannt und gelöst sind. Würden sie, die in vielen Fällen seit mehreren Generationen in menschlicher Obhut, also im Zoo leben, in den natürlichen Lebensraum verfrachtet, so würden sie sich dort in den meisten Fällen nicht – mehr – zurechtfinden, könnten ihre Nahrung nicht aufspüren und, falls erforderlich, erlegen, hätten Mühe geeignete Wasserquellen aufzuspüren und hätten keine Ahnung wer ihre Feinde sind und dass Menschen Gefahr bedeuten. Zudem ist der natürliche Lebensraum nicht leer, sondern besetzt von eigenen Artgenossen, mit denen sie sich, beim Kampf um die Ressourcen, eventuell auf Leben und Tod, auseinandersetzen müssten. Überhaupt sind die Lebensbedingungen in der Natur längst nicht mehr paradiesisch: Überall auf der Welt machen die Menschen den Wildtieren ihren Lebensraum streitig und viele Wildtiere werden als Konkurrenten oder als Schädlinge betrachtet und verfolgt, zu Nahrungszwecken, wegen ihrer Trophäe oder aus medizinischen Gründen getötet oder als „Haus-und Heimtiere" gefangen oder aber ihr Lebensraum ist so sehr beeinträchtigt und beschädigt, dass die erforderlichen Lebensgrundlagen gar nicht mehr vorhanden sind.
Im Rahmen dieser prinzipiellen Thematik möchte ich zwei Dinge anfügen:
Erstens: „Zoo“ ist kein geschützter Begriff. Jede Menagerie, jeder sogenannte „road-side zoo“, jede erbärmliche Wildtierhaltung kann sich „Zoo“ nennen. In manchen Ländern verhindern gesetzliche Vorschriften zwar Missstände, aber in vielen Ländern gibt es auch heute noch überhaupt keine solchen Vorschriften. Diese mangelhaften oder rundweg schlechten „sub-Standard-Zoos“ sind in der Tat ein ernstes Problem und müssten wohl in vielen Fällen ohne grosse Diskussionen geschlossen und die Insassen in der Tat entweder in geeignete Institutionen umplatziert oder euthanasiert werden. Diesem Problem hat sich auch die WAZA offen gestellt und in den bereits erwähnten „WAZA Guidelines for Improving Standards in Zoos“ angesprochen. Integrierter Bestandteil dieser Richtlinien ist eine umfangreiche Checkliste, die es ermöglicht, Schwachpunkte in einem Zoo zu definieren und zu deren Behebung beizutragen (s. „WAZA Assessment Tool Model“).
Zweitens: Gehege für Wildtiere sind nicht einfach besser, wenn sie grösser sind. Wie schon Hediger sagte wird ein gutes Gehege nur bis zu einem gewissen Grad über seine Raumquantität (die Dimension) definiert. Ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger ist aber auch seine Raumqualität (also die Gehegegestaltung, bzw. „Möblierung“). Sie muss alle Elemente enthalten, von denen wir aus Beobachtungen im natürlichen Lebensraum wissen, dass die Tiere sie für ihr Wohlergehen (s.u.) benötigen. Das dritte wichtige Element bei der Haltung von Wildtieren ist - wie es ebenfalls Hediger schon gefordert hat - ihre Beschäftigung. Diesem Aspekt wird heute - in guten Zoos - grösste Beachtung geschenkt (s. "behavioral enrichment" oder „environmental enrichment“). Als ich übrigens in den frühen 90er Jahren hörte, dass der Zoo London mit David Shepherdson erstmals einen Wissenschaftler angestellt hatte, der sich nur um diese „Lebensraumbereicherung“ der Zootiere kümmerte, habe ich mich sofort bemüht, ihn zu besuchen und einen äusserst spannenden Nachmittag mit ihm verbracht. Seither gehört „environmental enrichment“ in jedem guten Zoo zum Alltag. Mehr jedoch generell zum Thema „Beschäftigung“ im Abschnitt „Zirkus“.
Dem Thema "Behavioral Enrichment" bzw. "Beschäftigung" von Tieren im Zoo, ist die nächste Galerie gewidmet.
Auch diese Galerie befindet sich noch im Aufbau.
Gute Zoos zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Tiere unter Berücksichtigung der genannten Aspekte tiergerecht halten und für das Wohlergehen ihrer Zootiere sorgen. Was unter „tiergerechter Haltung„ verstanden wird steht im Artikel 3 der Schweizer Tierschutzverordnung und „Wohlergehen“ wird im Artikel 3, Abs. b des Schweizer Tierschutzgesetzes definiert. Alle WAZA Zoos verpflichten sich zudem die Bestimmungen des "WAZA Code of Ethics and Animal Welfare" einzuhalten. Gute Zoos berücksichtigen in der Regel die neuesten Erkenntnisse und Erfahrungen bei der Gehegegestaltung und orientieren sich nicht an Minimalanforderungen, sondern versuchen, ihre Tiere optimal zu halten, (s. dazu Beispiele bei ZooLex).
Zoos – und nun spreche ich über gute Zoos – sind heute nach wie vor wichtig, ja sie werden vermutlich immer wichtiger. Heute gibt es zwar hervorragende Fotobände über Nationalparks, Tiere, Landschaften und das Fernsehen ermöglicht uns fast täglich spektakuläre Einblicke in das Leben von Tieren in ihrer natürlichen Umgebung. Wenn Sie nun aber versuchen, nachdem Sie einen – guten – Dokumentarfilm im Fernsehen gesehen haben, das Gesehene wiederzugeben, werden sie viel mehr Schwierigkeiten haben, dies zu tun, als wenn Sie dasselbe versuchen, nachdem Sie einen Tag oder einen halben Tag in einem Reservat in der Natur oder in einem Zoo unterwegs gewesen sind. Ich wage deshalb zu behaupten, dass der Anblick und die Beobachtung des realen lebenden exotischen Tieres, des Tieres allgemein, die Wahrnehmung seiner Gestalt, seines Dufts, seiner Lautäusserungen, seines Verhaltens aus nächster Nähe ein ganz anderes, eindrucksvolleres Erlebnis darstellt, als die Betrachtung von Bildern, auch von „lebenden“. Zudem haben auch heute noch längst nicht alle die Möglichkeit einer Reise in die Naturreservate Asiens, Afrikas oder Amerikas zu unternehmen. Für sie – aber nicht nur für sie – ist der Zoo die einzige Möglichkeit, diesen Tieren zu begegnen. Wenn zudem, wie dies heute angestrebt wird, der Zoo in einzelne zoogeographische Regionen aufgeteilt und so gestaltet wird, dass sich die die Tiere in ihren typischen Lebensräumen präsentieren, die häufig auch den Besucherbereich mit einschliessen („habitat immersion“), so wird noch viel mehr erreicht: Ohne viele zusätzliche Informationen erfahren die Besucher so etwa die Wechselwirkung zwischen Lebensraum und Tierart und erkennen die Erfordernis, die betreffenden Lebensräume und Habitate zu erhalten. Es können sogar Lebensgemeinschaften zwischen verschiedenen Tierarten und Kreisläufe des Lebens anschaulich gemacht werden. Zoobesucher werden über die Gefahren, die manchen Tierarten in ihren natürlichen Lebensräumen drohen, informiert und vielleicht auch über Forschungs- und Artenschutzprojekte, die von Zoos durchgeführt oder unterstützt werden. Zoos haben damit einen äusserst wichtigen Bildungsauftrag (s. auch „International Zoo Educators Association“, IZE) und die im Zoo – also im sicheren Umfeld menschlicher Obhut - gehaltenen Tiere werden damit zu wichtigen Botschaftern ihrer – eventuell in der Existenz bedrohten - Artgenossen im natürlichen Lebensraum.
In der nachfolgenden Galerie soll an einigen Beispielen gezeigt werden, wie Zoos ihren Informations- und Bildungsauftrag in vielfältiger Weise wahrnehmen. Zu bedenken ist, dass natürlich primär die Präsentation der Tiere in Anlagen ("Exhibits"), die ihrem natürlichen Lebensraum entsprechen (s.o.) einen grossen Informationsgehalt haben.
Die Galerie befindet sich noch im Aufbau.
Alle diese Informationen erreichen den Besucher natürlich nur dann, wenn auch er sich selbst wohl fühlt, also wenn er wirklich den Eindruck hat, die im Zoo gehaltenen „Botschafter“ würden sich wohl fühlen. Das heisst allerdings auch, dass er weiss welche Kriterien es dabei zu beachten gilt. Gestresste Tiere mit Verhaltensstörungen, Schäden und Leiden in engen, sterilen Gehegen vermögen diese Botschaften nicht zu vermitteln. Das wissen die guten Zoos und in Bezug auf die Gehegegestaltung und das Zootiermanagement sind auch aus diesem Grund in den letzten Jahren und Jahrzehnten wie erwähnt denn auch beeindruckende Fortschritte gemacht worden – natürlich vor allem auch im Interesse der Tiere selbst.
Die guten Zoos dieser Welt entwickeln sich jedoch nicht nur durch naturnahe, tier- und besuchergerechte Gehege- und Umgebungsgestaltung, Lebensraumanreicherung („Behavioral Enrichment“), und entsprechende Ausbildungs-, Schulungs-, und andere Erziehungs- und Informationsmittel zu Naturschutzzentren, sondern – es ist bereits erwähnt worden – auch durch die unmittelbare Unterstützung oder Durchführung von Forschungsarbeiten an Wildtieren, speziell aber auch an „in situ“ Artenschutzprojekten (s. dazu eine Liste der „WAZA conservation projects“). 25 eindrückliche Beispiele solcher Projekte werden im Jahre 2010 erschienen Buch der WAZA „Building a Future for Wildlife“ vorgestellt.
Nicht zuletzt nehmen die guten Zoos auch ihre Funktion als „Arche Noah“ wahr und bemühen sich um auf lange Sicht vitale, überlebensfähige, genetisch robuste Bestände der Zoopopulationen besonders gefährdeter Tierarten. Diese „ex-situ“ Wildtierpopulationen werden, wie ebenfalls bereits erwähnt, in regionalen und/oder internationalen Zuchtbüchern erfasst und das Zuchtgeschehen selbst international koordiniert. Das Ziel ist primär diese Tierarten auch ausserhalb ihres natürlichen Lebensraums auf lange Zeit zu erhalten (in manchen Fällen sind die Bestände in den Zoos grösser als die Bestände in der Natur) und so letztlich die Möglichkeit zu haben, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, solche Tierarten wieder in ihrem natürlichen Lebensraum anzusiedeln. Beispiele für Tierarten, die ohne Erhaltungszuchtprogramme von Zoos bereits ausgestorben wären sind: der Wisent, das Przewalskipferd (s. auch Text von Markus Kappeler), die Mhorrgazelle, der Kalifornischer Kondor, der Davidshirsch, der Schwarzfussiltis oder die weisse Oryxantilope.